Die Volksbank Rüsselsheim wurde aufgelöst - sind Vorstand und Aufsichtsrat haftbar?

Genossenschaftsmitglieder bereiten eine Klage gegen die Organe der Rüsselsheimer Volksbank eG vor.

Die 77 anwesenden Vertreter der Volksbank Rüsselsheim eG haben am 7. April 2022 im Rahmen der Vertreterversammlung einstimmig das gesamte Vermögen ihrer Genossenschaft verschenkt. Weitere 48 der insgesamt 125 Vertreter waren der Einladung zur Vertreterversammlung nicht gefolgt. In der Vertreterversammlung ging es um die Übertragung des Bankgeschäfts, der Kunden und Mitglieder auf die Frankfurter Volksbank. Damit verbunden war auch die Löschung der Rüsselsheimer Volksbank eG im Genossenschaftsregister. Inwieweit Vorstand und Aufsichtsrat haften, wird letztlich in einem Musterprozess zu klären sein.  Denn es gab auch Alternativen zur Auflösung der Genossenschaft, die aber verschwiegen wurden. 

Laut der Info-Plattform Fusion-Raiffeisenbank.de wurden  mindestens  96 Millionen € Mitgliedervermögen ersatzlos verschenkt. Die Alternativen zur Fusion wurden nicht ernsthaft geprüft. Können Vorstand und Aufsichtsrat wegen Betrug durch Unterlassen haftbar gemacht werden? Fest steht der zuständige Genossenschaftsverband hat nur eine beratende Funktion.

Landgericht Wiesbaden verurteilt Genossenschaftsbank auf Herausgabe der Mitgliederliste und bestätigt somit Rechte der Genossenschaftsmitglieder.

– Das Urteil (LG Wiesbaden vom 28.12.2021) ist hier hinterlegt –

igenos e.V. setzt sich bundesweit für die Interessen der Genossenschaftsmitglieder ein. Wir haben hier einige Informationen aufbereitet.

Die Volksbank Rüsselsheim verfügt über eine  Hinterbliebenen Unterstützungskasse. Im Todesfall haben die Hinterbliebenen des Mitglieds einen Anspruch auf eine  einmalige Zahlung aus dieser Kasse.  Vorstand und Aufsichtsrat haben versäumt die Hinterbliebenden  auf  ihre Ansprüche aus der Hinterbliebenen Kasse hinzuweisen.
Rüsselsheimer_Volksbank_Vorschlag-Ergebnisverwendung (hier anklicken)

Welche Rolle spielen Vorstand und Aufsichtsrat in einer Genossenschaft?

Die Vorstände sind verpflichtet den im Genossenschaftsgesetz §1 beschriebenen Förderzweck im Sinne der Mitglieder auszuführen. Die Aufsichtsräte haben den Vorstand zu überwachen. Der Vorstand  ist  der von den Mitgliedern bestellte “Geschäftsführer” der Genossenschaft, dieser kann aber von den Mitgliedern  jederzeit abberufen werden.

Genossenschaften  mit mehr als 1500 Mitgliedern können statt einer Generalversammlung auch eine Vertreterversammlung durchführen. Die von den Mitgliedern gewählten Vertreter sollen die Interessen der Mitglieder gegenüber den Vorständen und Aufsichtsräten durchsetzen. Namen und Kontaktdaten der gewählten Vertreter erhalten alle Mitglieder auf Anfrage bei der Genossenschaftsverwaltung in Form einer Vertreterliste.

Wir kritisieren bei der Volksbank Rüsselsheim die fehlende Transparenz bei der Auswahl der Vertreter und bei der Durchführung der Vertreterwahl. Hier verweigert die Volksbank Rüsselsheim den Dialog und  jede Auskunft über die Wahlbeteiligung. Ein Großteil der Mitglieder waren nicht über den Wahltermin informiert.

Genossenschaften sind Gemeinschaftsunternehmen, darum werden Genossenschaften auch jährlich von einem Prüfungsverband geprüft. Dieser  hat die Aufgabe den Vorstand zu kontrollieren. Im Rahmen der Qualitätskontrolle werden Genossenschaftsverbände regelmäßig von der  Aufsichtsbehörde APAS geprüft. Alle diese Maßnahmen dienen zum Schutz der Mitglieder. Leider verfehlen Kontrollinstanzen oft dieses Ziel. 

Dürfen wir Mitglieder eigene Initiativen entwickeln – oder müssen wir grundsätzlich alles mit dem Vorstand oder Aufsichtsrat abgestimmen?

Ja, wenn Vorstand und Aufsichtsrat den Dialog verweigern! 

Genossenschaften sind immer nur das, was ihre Mitglieder daraus machen.

Kontakt zur Initiative igenos e.V.  in Rüsselsheim bitte über unsere Poststelle: post(@)igenos.de. Telefonkonferenzen nach vorheriger Terminabsprache und Terminbestätigung.

  • Thema und Terminvorschlag bitte vorab per E-Mail an die Poststelle

  • Aufgrund der hohen Nachfrage  Videokonferenzen  bitte  voranmelden

  • igenos Hotline 06542 969 3840

-update- Die Vertreter der Volksbank Rüsselsheim haben der Fusion mit der Frankfurter Volksbank einstimmig zugestimmt.
Obwohl es im Vorfeld der Fusion Diskussionen über die Vertreterliste und die Vertreterwahl gab und ein Gerichtsverfahren läuft...

Die GenoNachrichten.de berichten regelmäßig über vergleichbare Vogänge
Dort bitte das Suchwort: “Fusion” eingeben.


+++Neue Initiative+++ Welche Belastung entsteht unserer Genossenschaft durch die Zwangsmitgliedschaft in einem Prüfungsverband?  Weitere Infos siehe aktuelle Berichterstattung in den GenoNachrichten.


Projekt “Wohnen  in Genossenschaft”.
Wer möchte  in der Arbeitsgruppe “CoopGo Campus” mitarbeiten? Wir entwickeln ein Konzept für eine Wohnungsgenossenschaft.

Projekt “Digitale Mitgliederversammlung ”
Es geht um die Abschaffung der Vertreterversammlung und die Einführung einer “digitalen Generalversammlung” mit anonymer Abstimmung. Durch die “Corona Krise” ergaben sich Gesetzesänderungen,  die auch die digitale Mitbestimmung betreffen.  
Weitere Infos: change(@)coopgo.de

SCHWARZES BRETT

Hintergründe zum Rechtsstreit 
Es hätte aber auch mitgliederfreundliche Alternativen zu einer Fusion gegeben. Unter anderem einen  Rechtsformwechsel  von der Genossenschaft in eine genossenschaftliche Aktiengesellschaft. Außerdem besteht die Möglichkeit das Bankgeschäft aus der Genossenschaft herauszulösen und zu verkaufen. So können die Genossenschaft und das Genossenschaftsvermögen vor Ort erhalten bleiben. Für den Fall dass die Organe der Genossenschaft allerdings ihre Mitgliedervertreter nicht vollständig aufgeklärt haben und den Mitgliedern ein Schaden entstanden ist, sind Vorstand und Aufsichtsrat laut Umwandlungsgesetz schadenersatzpflichtig. Zumal es im Vorfeld der geplanten Fusion der Rüsselsheimer Volksbank eG schon heftige Diskussionen, auch um die Aufstellung der Vertreterliste, gegeben hat.  Hier wurden  kritische Mitgliedervertreter offensichtlich aussortiert und nicht mehr zur Wahl gestellt. Auch war der Großteil der Bankgenossen weder über die geplante Durchführung noch über die Bedeutung der Vertreterwahl informiert. Hinzu kommt noch ein bislang nicht abgeschlossenes Gerichtsverfahren um die Herausgabe der Mitgliederliste. Dieses Verfahren hat die Rüsselheimer Volksbank eG bereits in der ersten Instanz verloren, nun befindet sich das Verfahren in der Revision. Im Rahmen dieses Rechtsstreits vor dem Landgericht Wiesbaden hat der „genossenschaftliche Dienstleister“, die AWADO Rechtsberatung , noch den Versuch unternommen, die Prozessgegner durch einen überzogen hohen Streitwert zum Vergleich zu zwingen.